Was ist Autismus?
Jeder Mensch erlebt Autismus individuell. Autismus ist ein komplexes Spektrum an Besonderheiten, das durch eine veränderte Wahrnehmung und einzigartiges Erleben geprägt ist.
Aktuell wird viel über das medizinische, das psychologische und das soziale Modell von Behinderung bzw. das Konzept der Neurodiversität diskutiert. Auch im Autismus Kontext zeigen die drei Modelle sehr verschiedene Perspektiven auf. In der Vergangenheit haben die medizinischen und psychologischen Sichtweisen bestimmt, wie Autismus von der Gesellschaft wahrgenommen wird und definierten Autismus als Störungsbild oder Pathologie. Die Perspektive der Neurodiversität gewinnt heutzutage immer mehr Anerkennung und Popularität und führt dazu, dass Autismus als eine natürliche Form der neurologischen Vielfalt akzeptiert wird.
Was ist das soziale Modell von Autismus? Was ist Neurodiversität?
Neurodiversität beschreibt das Konzept, dass neurobiologische Unterschiede als natürliche Variationen der menschlichen Hirnfunktion angesehen und respektiert werden sollten. Das soziale Modell betrachtet Autismus als solche neurologische Vielfalt – eine natürliche Abweichung von der Norm.
Im Gegensatz zum medizinischen Modell, das neurobiologische Unterschiede als pathologisch betrachtet und auf Normalisierung abzielt, betont die Neurodiversität die Akzeptanz und Wertschätzung dieser Unterschiede. Die Herausforderungen, mit denen manche autistische Menschen konfrontiert sind, entstehen nach diesem Modell nicht durch den Autismus selbst, sondern durch Barrieren, die eine unzugängliche Gesellschaft schafft. Das Ziel der Neurodiversitätsbewegung ist die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft, in der Menschen mit unterschiedlichen neurologischen Profilen gleichberechtigt leben und ihre Potenziale voll entfalten können.
Was ist das medizinische Modell von Autismus?
Das medizinische Modell betrachtet die Autismus-Spektrum-Störung (ASS) als eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die sich durch Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie in repetitiven Verhaltensweisen auszeichnet. Neurowissenschaftliche Forschungen zeigen Unterschiede in der Gehirnentwicklung und Struktur bei autistischen Personen im Vergleich zu neurotypischen Personen.
Autismus wird in medizinischen und psychologischen Klassifikationssystemen definiert. Der ICD-Code „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems” ist ein weltweit anerkanntes System, mit dem medizinische Diagnosen definiert werden. Das DSM „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM) ist ein Klassifikationssystem für psychische Störungen. Ältere Versionen dieser Klassifikationssysteme, z.B. ICD-10 (1994) oder DSM-5 (2013) unterteilen Autismus in drei separate Diagnosen: Frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom und Atypischer Autismus.
Die aktuelle Version ICD-11 (2019) fasst diese jedoch unter der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung zusammen. Die Diagnose ASS erfordert das Erfüllen bestimmter Kriterien, unter anderem:
- Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion und Kommunikation
- Repetitive Verhaltensmuster
- Auftreten der Symptome seit frühester Kindheit
Was ist das psychologische Modell von Autismus?
Das psychologische Modell geht davon aus, dass multiple Faktoren zur Entstehung einer „Störung“ beitragen. Diese Faktoren umfassen biologische (z. B. Physiologie, Neurologie, Genetik), psychologische (z. B. Denkweisen) und soziale Faktoren (z. B. das Umfeld). Dies bestimmt, wie Therapeuten mit einer Person arbeiten. Im Allgemeinen konzentrieren sich die Behandlungsziele darauf, jemandem zu helfen, wieder zu einer Funktionsfähigkeit zurückzukehren, die der gesellschaftlichen Norm entspricht oder das emotionale Wohlbefinden zu maximieren. Ähnlich wie das medizinische Modell betrachtet auch das psychologische Modell Autismus als Diagnose oder „Störung“.
Was ist frühkindlicher Autismus?
Kinder mit frühkindlichem Autismus entwickeln sich in einigen Bereichen anders als andere Kinder. Dies zeigt sich meist vor dem dritten Lebensjahr. Sie können Schwierigkeiten haben, mit anderen Menschen zu sprechen, zu spielen und ihre Gefühle zu zeigen. Sie können auch starre Verhaltensweisen zeigen und sich wiederholen. Manchmal können auch andere Herausforderungen auftreten, wie zum Beispiel Ängste, Schlaf- und Essstörungen.
Was ist Asperger-Syndrom? Was ist der Unterschied zu Autismus?
Das Asperger-Syndrom wurde mit der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) im Jahr 2021 in die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung eingegliedert. Menschen mit Asperger-Syndrom können ähnliche Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation haben wie andere Menschen mit Autismus. Sie können sehr enge Interessen haben, mit denen sie sich intensiv beschäftigen. Anders als Menschen mit Autismus haben sie keine allgemeine Entwicklungsverzögerung und ihre Sprach- und Intelligenzentwicklung ist typisch entwickelt.